Photovoltaik-Anlagen auf Kirchendächern? Was für den einen merkwürdig klingt, geht dem anderen sofort auf. Kirchen haben überwiegend eine sogenannte Ostung, d.h. das Längsschiff ist von Westen nach Osten ausgerichtet. Damit haben alle Kirchen die Hälfte des Daches des Hauptschiffs in einer perfekten Südrichtung. Und damit mit dem besten Wirkungsgrad für Photovoltaik-Anlagen. Warum also nicht die Kirchen ins Boot holen, damit die Energiewende wieder an Fahrt aufnimmt?
In einem vorigen Post hatte ich Euch von der Transition Bewegung berichtet. Ziel der Transition Towns ist es, lokale Wirtschaftskreisläufe wiederzubeleben und den Klimawandel aufzuhalten. Photovoltaikanlagen dienen beiden Zwecken. Die lokale Energieversorgung wird ein Stück weit unabhängiger von fossilen Ressourcen und eben diese klimaschädlichen Ressourcen werden nicht mehr zur Energiegewinnung benötigt.
Daher kam mir der Gedanke, ob man nicht Photovoltaik-Anlagen auf Kirchendächern montieren kann, um diese wertvollen Flächen zu nutzen. Kurzum habe ich zum Jahreswechsel alle 27 deutschen (katholischen) (Erz-)Bischöfe angeschrieben mit dem unten stehenden Wortlaut.
Mittlerweile (ich habe die Briefe wie gesagt zum Jahreswechsel versendet) habe ich viele Antworten erhalten. Aus rechtlichen Gründen möchte ich diese hier aber nicht veröffentlichen, da sie ja persönlich an mich adressiert waren.
Die Erzbischöfe vom Hamburg und Bamberg haben mir persönlich ein paar schöne Zeilen geschrieben und zugesichert, dass sie das Thema gut find, intern gerne treiben möchten und dass ich noch eine ausführlichere Antwort erhalte. Dem Bischof von Hildesheim, Bischof Dr. Wilmer, war mein Anliegen sogar eine zweiseitige Antwort wert, auf der er eindrucksvoll schildert, wie sich das Bistum Hildesheim mit dem Thema Klimaschutz beschäftigt, wie weit man dort schon ist und was die nächsten Schritte sind.
Weitere schöne Briefe haben mich aber aus Münster, Regensburg, Speyer, Bamberg und Osnabrück erreicht. Die dortigen Umweltbeauftragten haben in längeren, sehr persönlichen Briefen von den Bemühungen des jeweiligen (Erz-)Bistums berichtet, einen ökologisch-sozialen Wandel zu unterstützen. Dabei haben sie tolle Projekt geschildert, die Photovoltaik-Ausstattung der Gebäude beinhalten aber auch darüber hinaus gehen. Allen gemein ist, dass sie sich für den Input bedanken und sich damit auf dem Weg bestätigt und bekräftigt sehen, den sie gehen wollen.
Eine „Standardantwort“, mit der ich gut leben kann, kam aus meinem „Heimaterzbistum“, Köln. Von dort wurde mir ein 18-seitiges Visionspapier zugesendet, das sich komplett mit dem Thema Klimawandel beschäftigt. Das Thema wird darin zunächst von einer theologischen Seite her betrachtet (was man der Kirche ja durchaus zugestehen kann) und dann übergeleitet zu konkreten Maßnahmen, damit das Erzbistum Köln bis 2030 klimapositiv wird. Das bedeutet das Ziel ist nicht nur die Neutralität, sondern mehr CO2 zu speichern als zu emittieren.
Ich gebe zu, ich war ein bisschen stolz, dass es hier schon ein so ausgereiftes Konzept gibt. In den folgenden sechs Handlungsfeldern werden Maßnahmen vorgeschlagen:
Im ersten Handlungsfeld Gebäude & Energie steht dann auch fast wortwörtlich die in meinem Brief formulierte Vision. Zitat:
Installation von Photovoltaikanlagen auf allen geeigneten Standorten und Flächen
Insbesondere viele Flachdächer von Kinder-tagesstätten oder Pfarrzentren sind zur Erzeugung von Strom durch Photovoltaikmodule geeignet. Aber auch die Nutzung von Kirchendächern für die Gewinnung von Strom aus Solarenergie soll analysiert und geprüft werden. Durch ein Programm der Stabsstelle Umwelt-management sollen die Kirchengemeinden intensiv bei der Umsetzung unterstützt werden, um flächendeckend im Erzbistum Köln Photovoltaikanlagen zu installieren.
Eine sehr begrüßenswerte Vision. Jetzt müssen hier natürlich noch die entsprechenden Taten folgen. Mit diesem Schreiben habe ich auf jeden Fall eine gute Grundlage, mit „meinem“ Pfarrer vor Ort mal über das Thema zu sprechen 😉
Ein kleines bisschen mulmig war mir schon, als ich die 27 Briefe am Silvestermorgen in den Briefkasten geworfen habe. Werde ich da jetzt als Spinner gesehen, der die (Erz-)Bischöfe belästigt oder droht mir sogar ein Shitstorm in den Antworten? Mittlerweile bin ich sehr froh, dass ich es getan habe.
In vielen Antworten wurde mir gezeigt, dass das Thema schon vielfach in der Mache ist – in ganz unterschiedlichen Stadien. Aber bis auf eine Antwort, die ein bisschen herablassend war, ist das Feedback bisher in allen Briefen positiv gewesen. Das bestärkt mich in dem Glauben, dass das große Problem unserer Zeit – und das heißt trotz Corona: Klimakrise – in vielen Bereichen ernst genommen und angegangen wird.
Während man „die Erhaltung der Schöpfung“ zwar als Kernkompetenz der Kirche sehen kann, liegt es aber weiterhin an jedem Einzelnen von uns, gläubig oder nicht, diesen Planeten zu bewahren und für uns bewohnbar zu erhalten. Ich habe jedenfalls nach diesen tollen Rückmeldungen mehr Bock denn je, das Klima zu retten! Packen wir es also gemeinsam an!
Nachdem dieser Post veröffentlicht wurde, haben mich noch viele weitere, sehr tolle Zuschriften erreicht. Diese möchte ich diese hier noch gerne nachreichen. Eine sehr ermutigende Email habe ich aus Freiburg bekommen. Der dortige Leiter der Diozösanstelle Umwelt und Schöpfung dankte mir für den Brief an den Erzbischof. Das Thema sei in Freiburg bereits sehr präsent und der Erzbischof habe sinngemäß gesagt, dass es keine Denkverbote geben dürfe! Dort werden wir also vielleicht bald mehr Photovoltaik-Anlagen auf Kirchendächern sehen können.
Weitere schöne Briefe haben mich aus Aachen, Paderborn, Trier, Limburg und Augsburg erreicht. Allen gemein ist, dass sie betonen, dass das Thema Klimaschutz vor Ort bereits ernst genommen wird und es bereits Konzepte gibt, bzw. diese gerade überarbeitet werden, um hier noch stärker positiv einzuwirken. Stets ist dies mit einem Dank für den zusätzlichen Rückenwind durch meinen Brief verbunden. Ein tolles Ergebnis, dass mich darin bestärkt auch weiterhin aktiv zu bleiben.
Sehr geehrte Exzellenz, hochwürdigster Herr Bischof (NAME),
bevor ich Ihnen meine Idee, bzw. mein Anliegen vortrage, erlaube ich mir, mich kurz vorzustellen. Mein Name ist Andreas Moers, ich bin 36 Jahre alt, verheiratet und habe eine Tochter. Zusammen mit meiner Familie wohne ich in Lindlar im Bergischen Land.
Im letzten Sommer konnten wir hier in unserer Heimat dabei zusehen, wie die Wälder dem dritten Hitzesommer in Folge nichts mehr entgegenzusetzen hatten. Natürlich muss ich erwähnen, dass hier im Oberbergischen Kreis vielerorts Fichtenmonokulturen stehen, die mehr Plantagencharakter haben als echte Wälder zu sein. Dennoch lässt sich beobachten, dass die Natur immer mehr unter dem menschengemachten Klimawandel ächzt und an ihre Grenzen gelangt. Mittlerweile betrifft dies nicht mehr nur Fichten, sondern auch Buchen und Eichen.
Ein wesentlicher Aspekt bei der Erreichung der Klimaziele und somit der Eindämmung solcher Klimaschäden ist es, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Auch wenn es gute Ansätze in der Politik gab, geht die Energiewende insgesamt viel zu langsam voran. Wir können es uns meiner Meinung nach nicht erlauben, darauf zu warten, dass Politiker durch Gesetzgebung alles zum Guten wenden. Dafür fehlt uns schlichtweg die Zeit.
Vielmehr braucht es einen Wandel bei jedem Einzelnen von uns. Einen Wandel hin zu weniger Konsum, einen Wandel zur Rückbesinnung auf das lokale Leben in der Gemeinde, einen allgemeinen Wandel in unserer Lebensweise. Ich glaube und hoffe, dass Sie mir in diesen Punkten zustimmen. Und ich glaube weiterhin, dass die Kirche nach wie vor eine wichtige Stimme ist, die in der Bevölkerung als Vorbild gesehen wird, wenn es darum geht das Richtige, das Gute zu tun. Die Kirche hat hier immer noch eine Glaubwürdigkeit, die kein Politiker aufweisen kann.
Meine Idee, wie die Kirche als Flaggschiff hin zu einem Wandel in der Gesellschaft voran gehen kann, ist Folgende: Alle Kirchen(-gebäude) haben eine Ostung, das heißt sie sind nach Osten ausgerichtet. Damit haben sie eine halbe Längsseite des Daches perfekt nach Süden ausgerichtet. Dies ist die beste Ausrichtung für Photovoltaik-Anlagen, da hier der größte Wirkungsgrad vorliegt. Wenn Sie es unterstützen würden, dass auf den Kirchendächern Photovoltaik-Anlagen gebaut würden, stünden sehr große Flächen zur Verfügung, die zur Erzeugung von nachhaltiger Energie genutzt werden könnten.
Es gibt überall in Deutschland bereits Gemeinden, die diese Entscheidung getroffen haben und Photovoltaik-Anlagen auf ihren Dächern errichtet haben. Beispielhaft seien hier die Gemeinden Georgensgmünd in Mittelfranken (kath.) mit einer vollständig im Dach integrierten PV-Anlage und Nordheim in Baden-Württemberg (ev.) genannt.
Die Entscheidung scheint also in der Hoheit der Gemeinden zu liegen. Ich wende mich aber an Sie, Eure Exzellenz, da Ihr Wort naturgemäß ein völlig anderes Gewicht hat, als wenn ich mich als Laie an die Gemeinden wenden würde. Von Ihrer Reichweite ganz zu schweigen. Wenn Sie den Gemeinden nur den Hinweis geben würden, dass es diese Möglichkeit gibt (und Sie sie bestenfalls unterstützen), könnten Viele zum Nachdenken gebracht werden. Auch und vor allem solche, die diese Möglichkeit noch gar nicht kennen oder nie ernsthaft in Betracht gezogen haben.
Natürlich bedingt die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage eine Anfangsinvestition. Und ich bin mir darüber im Klaren, dass sich die Errichtung einer solchen Anlage wirtschaftlich nur rechnet, wenn der Gebäudebesitzer den Strom selbst nutzt, da die Einspeisevergütung nur noch vergleichsweise gering ist. Und mir ist auch bewusst, dass in Kirchen relativ wenig Strom verbraucht wird, eine Amortisation – wenn überhaupt – also erst in vielen Jahren eintritt.
Daher sei mir der Hinweis erlaubt, dass es auch möglich ist, die Dachfläche an Drittfirmen zu vermieten. Diese errichten dann die Photovoltaik-Anlagen und tragen alle Kosten. Die Anfangsinvestition entfällt und stattdessen nimmt die Gemeinde sofort nach Fertigstellung der Anlage Miete für die Dachfläche ein. Viele öffentliche Gemeinden haben dieses Vorgehen übrigens genutzt, um sich finanziell zu gesunden. Längst nicht jede Photovoltaik-Anlage auf einem Rathaus gehört auch der entsprechenden Gemeinde, viele sind Mietanlagen.
Ein nicht unwesentlicher Faktor ist der Denkmalschutz. Nicht alle, aber wohl der Großteil der Kirchengebäude unterliegt der Aufsicht der Denkmalschutzbehörden. Diese haben sich allerdings bei den oben genannten Beispielen kooperativ gezeigt. Zudem zeigt die aktuelle Rechtsprechung, dass die Belange des Klimaschutzes regelmäßig höher gewichtet werden, als die des Denkmalschutzes. Es ist also durchaus möglich, hier eine Einigung mit den örtlichen Behörden zu finden.
Sollten Ihnen der Anblick von Photovoltaik-Anlagen auf den Kirchendächern zuwider sein, bitte ich Sie dennoch, das Vorhaben nicht vorschnell zu verwerfen. Natürlich würde besonders von Kirchendächern eine Signalwirkung an die Bevölkerung ausgehen. Aber mir geht es nicht nur um Signale, sondern vor allem um die Sache. Vielleicht gibt es ja auch andere, weltliche Gebäude in Kirchenbesitz, die von der Dachfläche her infrage kommen. Wenn Ihnen also unbehaglich bei der Vorstellung ist, eine Photovoltaik-Anlage auf einem Kirchendach aufzustellen, könnten Sie vielleicht diese Gebäude in Betracht ziehen.
Ich hoffe, der Gedanke, dass die Kirche als positives Vorbild dem Klimawandel entgegentritt, fällt bei Ihnen auf fruchtbaren Boden. Auch wenn ich die folgende Phrase bisher bewusst vermieden habe, nun komme ich nicht mehr darum herum:
Eure Exzellenz, rufen Sie das Jahr 2021 zum Jahr der Bewahrung der Schöpfung aus! Die Menschen werden den Ruf hören, ungeachtet ihrer Religion oder Konfession.
Ich verbleibe mit frommem Gruß und dem Ausdruck meiner Hochachtung
Andreas Moers
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