Beim Karfreitagsspaziergang durch das Bergische Land kam mir der Gedanke einen Post über den Zustand des Waldes in Deutschland zu schreiben. Denn wir ihr anhand der von mir auf diesem Spaziergang gemachten Bilder sehen könnt, geht es unseren Wäldern schlecht.
Die durch die Klimakrise ausgelösten Hitzesommer des vergangenen Jahrzehnts, vor allem in den letzten beiden Jahren, haben zu extrem trockenen Böden geführt. Während dies im letzten Jahr bei der Landwirtschaft auch zu Recht groß thematisiert und staatlich subventioniert wurde, standen die Wälder weniger im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit.
Dabei ist die Not der Wälder sogar noch größer. Denn ein schlechtes Erntejahr geht vorbei und kann im nächsten Jahr schon wieder besser aussehen. Die Schäden an den Wäldern aber sind viel „nachhaltiger“, da Forstwirtschaft in Jahrzehnten und nicht in Jahren betrieben wird. Da ich sehr ländlich wohne, kann ich dies aus nächster Nähe betrachten und bestätigen. Unsere Wälder leiden und vielerorts gibt es statt sattem Grün nur noch Mondlandschaften.
Und das, obwohl gerade dem Wald eine große Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise zugeschrieben wird. Und das gleich aus mehreren Gründen. Der naheliegendste ist sicher, dass die Bäume klimaschädliches CO2 speichern. Und das in nicht unbeträchtlichem Maße. Schon eine einzige 35m hohe Fichte speichert ca. 2,5 Tonnen CO2. Die Fichten, bei denen ich auf meinem Spaziergang vorbei kam, speichern allerdings nichts mehr, weil sie dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind und bald verbrannt werden müssen:
Darüber hinaus kommt dem Wald aber auch eine wichtige Rolle als Wasserspeicher zu und er schützt die Böden vor Erosion. Während man Bilder von erodierenden Böden früher eher aus den Nachrichten über Waldrodungen am Amazonas und dem Erdkundeunterricht kannte, kommt dies mittlerweile auch in deutschen Landschaften vor. Auch dies konnte ich auf meinem Spaziergang beobachten:
Der Boden ist ohne die schützenden Bäume Wind und Sonne schutzlos ausgesetzt. Die extreme Trockenheit führt dazu, dass die ehemals fruchbaren Böden regelrecht weggeweht werden. Bei Starkregen wiederum, können sie die Regenmassen nicht aufnehmen und werden weggeschwemmt. Wer jetzt Bilder des gerodeten Regenwaldes in Brasilien vor Augen hat, der sei darauf hingewiesen, dass letztes Jahr in Brandenburg ebenfalls solche Verwehungen zu beobachten waren:
Schuld an allem trägt natürlich nur der böse Borkenkäfer. Klar, dass die Menschen und die von ihnen ausgelöste Klimakrise keine Mitschuld trifft. Dieser Vorwurf betrachtet das Problem allerdings sehr oberflächlich und hält einer näheren Betrachtung nicht stand. Die Borkenkäfer decken lediglich die Fehler im bisherigen System der Forstwirtschaft auf. Dort wurde nämlich auf schnell wachsende Fichten in Monokultur gesetzt, damit schnelle Erträge erzielt werden können.
Anders als viele vermuten, haben Förster nämlich keinen primären Auftrag die Natur zu schützen, obwohl viele dies natürlich trotzdem mit Herz und Seele tun! Ihr Job ist es, möglichst große Erträge mit den ihnen anvertrauten Waldstücken zu erwirtschaften. Es heißt schließlich auch Forstwirtschaft und nicht Waldpflege.
Da kamen die Fichten gerade recht. Schnelles Wachstum und gerade Stämme machen sie für die Holzverarbeitung ideal. Und gesunde Fichten sind auch tatsächlich nicht anfällig für Borkenkäfer. Diese werden mit Hilfe des Fichtenharzes nämlich effektiv abgewehrt. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Fichte genug Wasser aus dem Boden ziehen kann, um das Harz zu bilden.
In den letzten beiden Sommern ist den Fichten aber buchstäblich die Spucke ausgegangen. Die extreme Trockenheit führte dazu, dass die Bäume den Borkenkäfern nichts mehr entgegensetzen konnten. Durch die Monokulturen fraß sich der Borkenkäfer dann hektarweise durch die Wälder. Der Borkenkäfer profitiert also vom menschengemachten Klimawandel. Er selbst ist eigentlich kein Schädling, sondern erfüllt eine wichtige Rolle in der (intakten) Natur: normalerweise greift er nur kranke Fichten an, die sich nicht wehren können, und schafft so Platz für neue Bäume. Durch die Dürresommer der letzten Jahre können sich aber nun ALLE Fichten nicht mehr wehren.
Es gibt zwei Ansätze, wie man die Wälder zukünftig klimafest machen will. Einen finde ich sehr gut, einen eher bedenklich. Der erste Ansatz hat einen nachhaltigen Charakter. Die „neuen“ Wälder sollen mit heimischen Bäumen in Mischwaldkultur entstehen. Das bedeutet, Laubwälder, die weniger anfällig für Trockenheit sind. Ein idealer Laub-Mischwald besteht aus großen Anteilen von Rotbuchen, ergänzt um weitere Laubbäume wie beispielsweise Eichen.
Der andere Ansatz überträgt die Fehler von damals konsequent in die Zukunft. Die abgeholzten Fichtenwälder sollen durch neue Monokulturen ersetzt werden. Zum Einsatz soll diesmal die Douglasie kommen. Denn dieser aus Nordamerika stammende Nadelbaum soll mit der zukünftig zu erwartenden Trockenheit besser klarkommen. Aus Sicht einer monetär getriebenen Forstwirtschaft ist dies – wie früher mit den Fichten – sinnvoll. Wieder hat man einen schnell wachsenden Baum mit geradem Stamm als Nutzbaum. Dass diese Art der Gewinnmaximierung bereits einmal katastrophal gescheitert ist, spielt bei diesem Ansatz keine Rolle. Der Zustand des Waldes in Deutschland wird sich dadurch nicht verbessern.
Ich hoffe ehrlich, dass wir zukünftig in Deutschland wieder mehr Mischwälder mit Laubbäumen sehen werden und keine neuen Baumplantagen mit Nadelholz-Monokulturen. Die Zukunft wird zeigen, welches Modell sich in der Forstwirtschaft durchsetzt.
Aber wie auch immer man die Zukunft der Forstwirtschaft gestalten will: es muss etwas passieren. Neben dem Borkenkäfer drohen mittlerweile sogar großflächige Waldbrände in Deutschland. Auf ein solches Szenario sind die Feuerwehren bislang kaum vorbereitet. Experten warnen davor, dass uns Waldbrände mit Ausmaßen wie in Kanada drohen, wenn die Klimakrise sich ungebremst weiter entwickelt wie bisher.
In Deutschland gibt es anders als beispielsweise in Spanien und Italien große Mengen an Biomasse – sprich: große Wälder. Diese werden nun durch Borkenkäfer und Hitze geschwächt. Extreme Wetterlagen bedingt durch die Klimakrise verschärfen sich zusehens. In diesem Szenario könnten wir Waldbrände bekommen, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können. Zwar gibt es auch in Deutschland spezielle Löschhubschrauber, allerdings nur wenige und nicht flächendeckend.
Zum Schluss ein Appell an Euch: Schreibt Eurer/m Bundestagsabgeordneten, Eurer/m Landtagsabgeordeten und Eurem Kreistag. Fordert die Aufforstung mit Laub-Mischwald, um den Zustand des Waldes in Deutschland zu verbessern. Überall in Deutschland gibt es verheerende Waldschäden wie bei mir im Oberbergischen Kreis. Überall gibt es Überlegungen mit Douglasien-Monokulturen aufzuforsten. Damit wird aber kein Wald geschaffen, sondern Wald-Plantagen, die abgeerntet werden, wenn sie schlagreif sind.
In unserer Zeit hat der Wald aber eine viel wichtigere Aufgabe, als Holz zu liefern: unser Überleben hängt buchstäblich von gesunden Wäldern, ab, die CO2 aufnehmen, Wasser speichern und Sauerstoff liefern. Noch haben wir ein wenig Zeit über, um es diesmal richtig zu machen. Aber Bäume wachsen nunmal nicht von heute auf morgen, sondern in Jahrzehnten. Daher bleibt nicht mehr viel Zeit übrig.
Als ich diesen Artikel geschrieben habe, hätte ich selbst nicht gedacht, dass es wenige Monate später noch viel dramatischer aussehen würde. Um Euch die aktuelle Situation hier im Wald im Oberbergischen Kreis zeigen zu können, habe ich ein Video für Euch veröffentlicht:
4 Comments
Der Wald in Deutschland ist in einem schlechten Zustand. 100.000 Hektar wurden seit 2018 von Sturmen, Durren und Schadlingen beschadigt. Was will Agrarministerin Klockner dem entgegensetzen?
Hallo,
von Frau Klöckner sind bisher nur Absichtsbekundungen zu hören. Die helfen aber niemandem weiter.Das letzte was ich von ihr in dieser Richtung gehört habe, war finanzielle Mittel aus dem Energie- und Klimafond abzuziehen. Das Geld würde dann aber an anderer Stelle fehlen. Denn diese Mittel sind für die Energiewende gedacht. Die Decke ist also zu kurz, egal in welche Richtung man zieht.
Quelle: https://www.zeit.de/politik/2019-07/forstwirtschaft-julia-kloeckner-aufforstung-waldverlust-duerre-agrarpolitik
Viele Grüße,
Andreas
[…] Videos hier, damit Ihr Euch schon mal ein Bild machen könnt. Das erste Video behandelt das Waldsterben hier in meiner Heimat, dem Oberbergischen Kreis. Bereits im April habe ich dieses Thema hier im Blog behandelt. Schon damals sah es nicht gut aus […]
[…] möchte ich Euch meine Idee des Guerilla Forresting vorstellen. Sie kam mir, als ich durch die toten Fichtenwälder in meiner Heimat wanderte. Das Prinzip ist denkbar einfach und kann von jedem von Euch umgesetzt werden. Nötig sind […]