Ökologische Landwirtschaft beginnt in Brüssel

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Ökologische Landwirtschaft beginnt in Brüssel

Beim Thema ökologische Landwirtschaft spaltet sich jede Diskussion in Leute, die konventionell Landwirte als Umweltverpester verteufeln und solche, die den Biobauern nicht zutrauen, die Weltbevölkerung zu ernähren. Aber muss es wirklich ein „wir gegen die“-Denken geben. Immerhin sind Landwirte trotz allen technischen Fortschritts, trotz Internethype sind es immer noch die Landwirte dieser Erde, die uns alle ernähren.

Das schaffen weder Google, noch Facebook oder Netflix. Schauen wir uns also mal ohne Schaum vorm Mund die Ursache an, warum Landwirte so einen schweren Stand haben und was sie eigentlich selbst dafür können.

Die EU subventioniert die Landwirtschaft

Die Europäische Union steuert Vieles, indem sie Subventionen vergibt. Dies sind Fördermittel, die unter bestimmten Bedingungen von berechtigten Personen und Firmen, aber auch Gemeinden und sogar Ländern abgerufen werden können. Auch die Landwirtschaft der EU-Mitglieder bekommt solche Fördermittel. Und wer denkt, dass wir hier von Peanuts reden, der wird sich wundern angesichts der Summe, um die es hier geht.

Im Jahr 2017 standen im EU-Haushalt unglaubliche 58,9 Milliarden (!) Euro nur für die Gemeinsame Agrarpolitik zur Verfügung. Bei einem Gesamthaushalt von 150 Milliarden sind das stolze 40 %! Die „Gemeinsame Agrarpolitik“, kurz GAP wird uns ab jetzt immer wieder begegnen, also bitte merken.

Quelle: nabu.de

Wer die Musik bezahlt…

Jetzt denk Ihr sicherlich: Mensch, so viel Geld. Das kann man doch nutzen, um die Landwirtschaft nachhaltig und umweltschonend zu gestalten, ohne dass die Landwirte dadurch in finanzielle Nöte gelangen. Eigentlich eine einfache Rechnung: Die EU hat sich auf der einen Seite große Klimaschutzziele gesetzt, auf der anderen Seite hat sie riesige Summen zur Verfügung, mit denen sie einen klima- und umweltfreundlichen Wandel in der Landwirtschaft unterstützen könnte. Easy peasy also?

Einfach die Fördermittel an Klimaschutzkriterien gekoppelt und schon kann man die Landwirtschaft mit diesen Fördermitteln auf den gewünschten Weg lenken, um die Klimaziele zu erreichen. Wer die Musik bezahlt, bestimmt schließlich, was gespielt wird. Das hat bei der Lufthansa ja schließlich auch super funktio…oh, wait!

Eben: das hat bei der Lufthansa auch nicht funktioniert. Und genau so wenig wird es mit den EU-Fördermitteln funktionieren, wenn es nach dem Willen der Landwirtschafts-Lobbyisten geht, die sich gegen einen solchen klimafreundlichen Wandel in der Landwirtschaft stellen.

Der Landwirt von nebenan

Jetzt denkt man wieder. Aha, die bösen Landwirte! Wusste ich doch, die schicken ihre Lobbyisten nach Brüssel, damit die da ordentlich Stimmung machen gegen alles, was ihnen nicht passt. Aber so schwarz-weiß ist die Welt leider nicht. In meinem Umfeld gibt es mehrere Landwirte. Mit einigen bin ich familiär verbunden, andere habe ich als Nachbarn. Alle sagen mir dasselbe: wenn sie sich ein Sache wünschen dürften, dann dass diese verdammten Subventionen gestrichen werden.

What? Die wollen das Geld gar nicht haben? Nein, denn ich kenne nur „normale“ Landwirte. Solche eben, die wir alle vor Augen haben, wenn wir an Landwirte denken. Solche, die einen eigenen Betrieb bewirtschaften, der ihnen gehört und für den sie sich krumm buckeln. Solche, die morgens um 5 Uhr aufstehen und ihre Tiere versorgen. Solche, die abends um 20 Uhr noch über ihre Felder fahren.

Lobbyist – für wen eigentlich

Und dafür wollen die kein Geld aus Brüssel? Nein! Denn das Subventionsmodell ist Schwachsinn. Oh, Entschuldigung. Ich meinte, das Subventionsmodell ist suboptimal. Denn die Lobbyisten arbeiten nicht für Bauer Heinrich von nebenan. Sie arbeiten für und im Sinne der richtig Großen. Aber wie wird man ein richtig Großer?

Bestimmt habt Ihr schon mal vom Hofsterben und Deutschland gehört. Jedes Jahr geben in Deutschland 2-5 % der Landwirte ihren Hof auf. In der gesamten EU sind es pro Tag (!) 1.000 Landwirte, die ihr Gewerbe beenden. Jeden Tag! Dies trifft vor allem die kleinen Höfe mit unter 50 Hektar Bewirtschaftungsfläche. Mittlerweile ist jeder zweite landwirtschaftliche Betrieb ein Großbetrieb mit über 100 Hektar. Und hier kommen die Lobbyisten ins Spiel.

Der Teufel und der größte Haufen

Denn was macht man als guter Lobbyist? Man spielt die Musik, für die man bezahlt wird (ja, HIER funktioniert das). Und da die Großen das meiste bezahlen, werden deren Interessen auch am lautstärksten vertreten. So kommt es dann, dass die Subventionen nicht etwa nach Kriterien wie Nachhaltigkeit oder Tierwohl vergeben werden. Sie werden einfach nach FLÄCHE vergeben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Größte bekommt also auch am Meisten. Ist doch logisch, oder? Das Prinzip ist immer das gleiche: so wie der FC Bayern die meisten Fernsehgelder bekommt, so wie die mit dem meisten Geld die meisten Zinsen bekommen, so bekommen halt eben auch die größten Landwirte die meisten Fördergelder. Kapitalismus, eine Liebesgeschichte.

Ökologische Landwirtschaft, jetzt oder nie

Okay, den Kapitalismus nehmen wir uns demnächst mal vor 😉 Für heute bleiben wir bei den Agrarsubventionen. Denn die aktuelle Förderperiode läuft gerade aus und es wird eine neue GAP (ihr erinnert euch, Gemeinsame Agrarpolitik) verhandelt. Hat wegen Corona keine so richtig mitbekommen aber das läuft gerade aktuell in Brüssel. Was wir in Zukunft essen, was die Landwirte in Zukunft wie auf ihren Feldern anbauen und wie wichtig dabei der Klimaschutz ist, all das wird dieser Tage in Brüssel verhandelt – und keiner bekommt so richtig was davon mit.

Nochmal, weil ich das echt krass finde: der zweitgrößte Haushaltsposten der EU wird gerade für die kommenden 7 Jahre verhandelt, also die Zukunft der (ökologischen) Landwirtschaft und keiner spricht drüber. Von ein paar Zeitungartikeln im hinteren Drittel mal abgesehen. Geht ja bloß um „die Bauern“.

Hier bietet sich gerade die vielleicht letzte Möglichkeit, eine ökologische Landwirtschaft zu etablieren und wir hängen von einem lobbyfreundlichen EU-Parlament ab, das fleißig von den Interessenvertretern der Betriebe bearbeitet wird, die ganz sicher nichts am Status Quo ändern wollen.

Fazit: Eine Ökologische Landwirtschaft gelingt nur, wenn die Politik sie in die Wege leitet

Mein Appell an Euch lautet an dieser Stelle: bringt Euch ein, schreibt ans EU-Parlament, unterschreibt Petitionen für eine Ökologische Landwirtschaft und eine angemessene Förderung durch die EU. Mit dieser stumpfen Förderung nach Fläche muss Schluss sein. Es wäre ein Leichtes durch Koppelung an Kriterien wie Erhalt der Artenvielfalt (weniger Pflanzenschutzmittel), Gewässerschutz (weniger Dünger) oder Tierwohl (größere Ställe, Freilandhaltung, kein Kastenstand) finanzielle Anreize zu schaffen, um den Landwirten einen Umstieg in eine ökologische Landwirtschaft zu erleichtern.

Überlasst das Feld bei diesem wichtigen Thema und diesen großen Auswirkungen nicht den Lobbyisten! Um es Euch zu vereinfachen, verlinke ich Euch hier die Petitionen:

Petition Agrarwende JETZT – letzte Chance für die nächsten 7 Jahre! , weact.campact.de

Petition Ziehen Sie die GAP zurück, withdrawthecap.org

Weitere thematisch verwandte Petitionen:

Petition für mehr Tierwohl und gegen Billigfleisch, B´90/Die Grünen

Petition gegen das Bienensterben und für ein Glyphosatverbot, campact.de

Petition Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise, FridaysForFuture

Petition für ein EU-Gesetz gegen Waldzerstörung, greenpeace.de

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