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Wahre Kilometerkosten – Das kostet Autofahren wirklich

Wie schon in einem der vorhergehenden Artikel angekündigt geht es heute um das Thema wahre Kilometerkosten von des Deutschen liebstem Hobby. Denn vielen Menschen ist gar nicht bewusst, welche Kosten pro Kilometer beim Autofahren entstehen. Wir versuchen heute anhand eines Beispiels, echte Kilometerkosten für einen durchschnittlichen Mittelklassewagen zu ermitteln.

Von der finanziellen Seite betrachtet…

Zunächst gilt es mit der Denkweise aufzuräumen, dass die Kosten für den gefahrenen Kilometer gleichzusetzen sind mit den Benzin- oder Dieselkosten. Wer so rechnet (überraschenderweise gerne in Autohäusern praktiziert), wird natürlich immer das Auto als günstigstes Fortbewegungsmittel herausbekommen im Vergleich zu den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Was die freundlichen Autoverkäufer gerne übergehen sind gleich mehrere Tatsachen: Wertverlust, Steuern, Versicherung, Instandhaltungskosten und ggf. noch Kreditzinsen (ja, DAFÜR gibt es noch Zinsen).

Beispielrechnung für wahre Kilometerkosten

Aber der Reihe nach. Gerne möchte ich Euch das Ganze an einem Beispiel vorrechnen. Dazu nehme ich ein Mittelklassefahrzeug und führe an ihm die Berechnung der oben genannten Einflussfaktoren durch. Alle in der Berechnung genutzten Werte stellen Mittelwerte dar, d.h. es gibt eine gewisse Abweichung nach oben und unten.

Als Beispielfahrzeug dient ein neuer Golf VII. Dieser kostet laut VW-Webseite im Trendline-Paket in der absoluten Minimalausstattung 17.850 €. Im Schnitt fahren die Deutschen ca. 19.000km im Jahr mit dem Auto. Das durchschnittliche Alter der Fahrzeuge auf deutschen Straßen beträgt 9,2 Jahr. Die durchschnittliche Laufleistung eines PKW beträgt ungefähr 235.000km bevor er verschrottet wird. Verschrottet werden Autos in Deutschland mit im Schnitt nach 18 Jahren.

Wertverlust

Zunächst einmal muss man den Wertverlust des Autos direkt ab dem ersten Tag nach dem Kauf berücksichtigen. Den Wertverlust kann man entweder zeitlich oder nach gefahrenen Kilometern berechnen. Wir gehen für unser Rechenbeispiel davon aus, dass das Fahrzeug bis zum Ende gefahren wird und nach den o.g. 235.000km mit einem Restwert von 0 € verschrottet wird. Wir nehmen also einen linearen Wertverlust pro Kilometer an. Dieser berechnet sich wie folgt: Kaufpreis/max. Kilometer = Wertverlust pro km. Daraus ergibt sich ein Wertverlust von 17.850€/235.000km= 7,6 Cent/km.

Steuern

Wie bei jedem Auto wird auch beim Golf die Steuer nach den KFZ-Steuerregeln berechnet. Pro angefangene 100 Kubikzentimeter Hubraum wird dabei ein bestimmter Satz fällig. Hinzu kommen noch Kosten für jedes Gramm CO² über einem Grenzwert von 120g/km. Unser Golf liegt mit 113 Gramm CO²/km laut Datenblatt knapp unter der Grenze und kommt daher „straffrei“ aus. Für die 1.200 ccm Hubraum werden 12 mal 5 Euro fällig. D.h. die KFZ-Steuer für den Golf beträgt 60 Euro im Jahr.

Auf die 18 Jahre bis zur Verschrottung hochgerechnet bedeutet das, dass man für den Golf 18*60€ = 1.080€ Steuern zahlt. Teilt man dies durch die Gesamtkilometer erhält man einen Wert von 1.080€/235.000km = 0,5 Cent/km .

Versicherung

Hier kann man leider nur sehr grob die Kosten pro gefahrenen Kilometer ausrechnen, da die Versicherungskosten individuell unterschiedlich ausfallen. Ich gehe für mein Rechenbeispiel von einer Schadenfreiheitsklasse 5 für die Haftplicht- und die Vollkaskoversicherung aus. Zusätzlich habe ich eine Selbstbeteiligung von 500€ gewählt. Ein Saisonkennzeichen habe ich nicht angegeben. Die Nutzungsart ist rein privat und ich fahren die durchschnittlichen 19.000km pro Jahr. Im Schnitt liegen die Versicherungskosten pro Jahr bei dieser Konstellation bei 680€.

Diese muss man jetzt wieder mit den 18 Jahren Laufzeit multiplizieren und dann durch die Gesamtkilometer teilen. Dadurch erhält man Kosten von 5 Cent pro gefahrenen Kilometer. Um einen genaueren Wert zu bekommen, müsst Ihr eventuell selbst etwas in einem Vergleichsportal herumspielen.

Wartung und Pflege

Die Wartungskosten für Neuwagen lagen 2013 bei durchschnittlich 242€ pro Jahr. Die Besitzer gebrauchter Autos mussten mit im Schnitt 280€ noch etwas tiefer in die Tasche greifen. Zu den 242€ addiere ich noch einmal 50€ für Pflege des Autos. Dazu gehören Autowäschen und Innenraumreinigung. Da sind 50€ noch recht niedrig angesetzt. Macht also 292€ pro Jahr. Mit der gleichen Rechnung wie oben (mal Anzahl der Jahre geteilt durch die Gesamtkilometer) erhalten wir für die Position Wartung und Pflege eine Umlage von 2 Cent pro Kilometer.

Zwar sinken die durchschnittlichen Wartungskosten durch ausgereiftere Modelle der Autohersteller aber dieser Posten ist definitiv nicht unerheblich bei der Berechnung der wahren Kosten Eures Autos. Falls Ihr einen Gebrauchtwagen fahrt, müsst Ihr hier aber 280€ im Jahr ansetzen. Dass unser neuer Golf auch immer teurer in seiner Wartung wird, ignorieren wir hier sogar. Nicht, dass Ihr denkt ich wollte hier etwas negativer darstellen als es ist 🙂

Reifen

Die Lebensdauer von Sommer- und Winterreifen ist unterschiedlich. Durch das härtere Gummigemisch nutzen sich Sommerreifen schneller ab als Winterreifen. Im Schnitt kann man aber sagen, dass sich Autoreifen nach 50.000km abgenutzt haben. Das bedeutet für uns: Mit dem fünften Satz Sommer- und Winterreifen sind die 235.000km zu schaffen. Also müssen viermal neue Sommer- und viermal neue Winterreifen gekauft werden während der durchschnittlichen Lebenszeit eines Autos.

Wir wollen keine Billig-Reifen auf dem Auto haben, also kaufen wir aus Sicherheitsaspekten Markenware. Gute Reifen kosten im Schnitt mindestens 80€ pro Reifen. Das heißt 320€ pro Satz. Bei acht Sätzen, die wir in 18 Jahren kaufen müssen, sind das 2.560€. Die Kosten für den Reifenwechsel ignorieren wir jetzt mal. Wenn Ihr die Reifen nicht selbst wechselt, könnt ihr hier pro Jahr nochmal 50€ hinzurechnen. Die Kosten für die acht Paar Reifen rechnen wir jetzt wieder auf die 235.000km um und erhalten Kosten von 1 Cent pro Kilometer.

Kraftstoffkosten

Kommen wir nun also zu dem Kostenpunkt, den die meisten als einzigen für die Kosten pro gefahrenen Kilometer betrachten. Laut Volkswagen  verbraucht der Golf VII mit 1,0l TSI Blue Motion Motor  sparsame 4,5 Liter pro 100 Kilometer im kombinierten Betrieb. Also Stadt, Landstraße und Autobahn. Ich spare mir an dieser Stelle den Witz über offizielle Angaben von Volkswagen und mache gleich mit der Berechnung der Kosten weiter. Die Kosten für 1 Liter Benzin nehmen wir mit den derzeit günstigen 1,25€ an. Diese werden aber über die 18 Jahre definitiv nach oben gehen. Aber wir wollen ja nichts schlechtrechnen, also gehen wir vom günstigen Ist aus. Damit erhalten wir:

235.000km/100 = 2.350  à Das ist die Anzahl der „100km-Pakete“

2350*4,5l = 10.575   à Das sind die benötigten Liter Benzin für die Gesamtstrecke von 235.000km

10.575 * 1,25€ = 13.218 €  à Gesamtkosten für die Strecke von 235.000km

13.218€/235.000km = 5,6 Cent /km

An dieser Stelle beenden wir unser Rechenbeispiel. Theoretisch kommen noch Kreditzinsen dazu, wenn Ihr das Auto finanzieren müsst. Aber ich danke ich kann Euch jetzt schon einen ganz guten Überblick über die wahren Kosten eines Kilometers im Auto geben.

Schlussrechnung: Wahre Kilometerkosten beim Autofahren bestehen aus sechs Faktoren

Fassen wir also nochmal zusammen:

  • Wertverlust: 7,6 Cent/km
  • Steuern: 0,5 Cent/km
  • Versicherung: 5,0 Cent/km
  • Wartung und Pflege: 2,0 Cent/km
  • Reifen: 1,0 Cent/km
  • Kraftstoff: 5,6 Cent/km

Gesamtkosten: 21,7 Cent/km

Bedenkt bei der Berechnung, dass ich Euch darauf aufmerksam gemacht habe, dass ich eher mit konservativen Werten gearbeitet habe. Vermutlich gehen die Kosten eher in Richtung 23 Cent pro gefahrenen Kilometer. Den Versicherungsbeitrag müsst Ihr auf jeden Fall anpassen, falls Ihr ein genaueres Ergebnis haben wollt. Die Berechnung habe ich im entsprechenden Absatz beschrieben. Falls Ihr Euer Auto finanzieren müsst, kommt auch noch eine Umlage für die Kreditzinsen hinzu. Der Rechenweg dafür ist immer der gleiche: Hochrechnen auf die Gesamtlebenszeit und dann durch den Durchschnittswert für die Gesamtkilometer teilen.

Fazit: Wahre Kilometerkosten deutlich höher als man annimmt

Jetzt wissen wir also, dass wahre Kilometerkosten beim Auto aus wesentlich mehr bestehen, als den Spritkosten. Wenn Ihr Euch das nächste Mal über die teuren Fahrkartenpreise von Bus und Bahn ärgert, rechnet einfach diesen Wert dagegen. Ihr werdet feststellen, dass der öffentliche Personennahverkehr im Vergleich mit den wahre Kilometerkosten des Autofahrens meist besser abschneidet.

Und den meiner Meinung nach viel wichtigeren Umweltaspekt haben wir ja am Anfang bewusst ausgeblendet. Berücksichtigt man die CO²-Belastung, die unserem Planeten durch die Nutzung  öffentlicher Verkehrsmittel erspart bleibt, kippt die Gleichung noch mehr in Richtung Bus und Bahn. Denkt darüber nach, wenn Ihr vor der Entscheidung steht, ob Ihr ein neues Auto kauft. Wenn es Euch möglich ist auf Bus und Bahn umzusteigen, solltet Ihr dies ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Umwelt und Euer Portemonnaie werden es Euch danken! Eine weitere Alternative zu Bus und Bahn werde ich Euch im nächsten Artikel aufzeigen. Ihr dürft gespannt sein!

 

6 Comments

  1. helga sagt:

    Nach einem Gebrauchtwagen such der Sohn im Moment. Seine erste Investition möchte er in seine Freiheit leisten, wie er uns sagt. Mich freut natürlich, dass er sich schon Gedanken über sein selbstständiges Leben macht. Natürlich soll es doch mit dem niedrigen Benzinverbrauch sein. Vielen Dank für die interessanten Berechnungen!

  2. Dieter Adam sagt:

    Servus Andreas, danke für den Artikel. Schließe mich meinen Vorkommentieren an. Sowas habe ich gesucht. viele Grüße

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