Grüner Wasserstoff ist Wasserstoff, der ausschließlich mit Ökostrom produziert wird. Nachdem ich in einem der letzten Posts ziemliches Wasserstoff-Bashing betrieben habe, was den Individualverkehr angeht – wozu ich immer noch stehe – wurde ich von Euch darauf aufmerksam gemacht, dass es durchaus auch sinnvolle Einsatzgebiete für Wasserstoff gibt. Vorausgesetzt er wird als Grüner Wasserstoff eingesetzt.
Man unterscheidet im Allgemeinen zwischen grünem, blauen und grauen Wasserstoff. Die unterschiedlichen Farben beziehen sich dabei auf die Art und Weise, wie der Wasserstoff nutzbar gemacht wird. Zwar kommt Wasserstoff in der Natur nahezu unbegrenzt vor. Um transportierbar gemacht zu werden, muss der Wasserstoff aber unter hohem Druck oder bei sehr niedrigen Temperaturen aufwändig verflüssigt werden.
Dieser Prozess ist sehr energieintensiv. Wenn man diese elektrische Energie nun durch fossile Energieträger, wie Kohle oder Öl gewinnt, spricht man von grauem Wasserstoff. Dessen Umweltgesamtbilanz sieht schlecht aus. Zwar wird eine saubere Brennstoffzelle mit Wasserstoff angetrieben und aus dem Auspuff kommt nur Wasser. Aber durch die Nutzung von Kohlestrom bleibt unterm Strich kein Vorteil fürs Klima mehr übrig.
Blauer Wasserstoff entsteht als Abfallprodukt bei chemischen Prozessen, wie z.B. der Chlor-Alkali-Elektrolyse. Durch diese werden chemische Grundstoffe erzeugt. Dabei entsteht als „Abfallprodukt“ ein sehr große Menge Wasserstoff, der dann wiederum weiter verwendet werden könnte, um z.B. LKW zu betreiben.
Grüner Wasserstoff ist von allen Varianten die aussichtsreiche, wenn es um Klimaschutz geht. Denn hier wird die Energie, die benötigt wird, um den Wasserstoff zu verflüssigen ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen. So könnten z.B. Spannungsspitzen bei Sturm (Windkraft) genutzt werden, um den zuviel produzierten Strom im Wasserstoff umzusetzen. So würden gleichzeitig die Stromnetze entlastet und nachhaltiger Treibstoff produziert. Das unsinnige Abschalten von Windkraftanlagen bei Sturm hätte dann auch ein Ende.
Nahezu die einzige Möglichkeit für die Industrie, um nachhaltig zu werden, ist grüner Wasserstoff. Während beim Individualverkehr Wasserstoff nur eine von mehreren Möglichkeiten ist, sieht es bei der Industrie anders aus. Deutschland hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 vollständig klimaneutral zu wirtschaften. Dies dürfte ohne grünen Wasserstoff ausgeschlossen sein.
Die Stahlindustrie beispielsweise setzt jährlich über 50 Millionen Tonnen CO2 frei. Sie ist damit alleine für 6% des gesamten jährlichen CO2 Ausstoßes verantwortlich. Der immense Energiehunger der Branche wird bislang aus Kohlekraftwerken gestillt. Dass dieses Modell keine Zukunft besitzt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.
Ein paar Windräder auf dem Werksgelände oder Photovoltaikpanels werden nicht genügen, um den gigantischen Energiebedarf zu decken. Und hier kommt grüner Wasserstoff ins Spiel. Dieser kann asymmetrisch an vielen Orten im Land erzeugt werden und dann als Energieträger direkt an die Stahlhütten geliefert werden.
Weitere Einsatzgebiete für grünen Wasserstoff, die sich anbieten sind die Luftfahrt und nahezu alle Transportmittel. Dazu zählen Frachtschiffe ebenso wie Lastkraftwagen. Bei LKW ergibt es keinen Sinn, einen tonnenschweren Elektro Akku zu bauen, um dann trotzdem ein Reichweitenproblem zu bekommen. Auch halte ich persönlich es für schwierig, ein alle Autobahnen überspannendes Hochspannungsnetz zu errichten und zu warten.
Flugzeuge und Schiffe sind ebenfalls auf große Reichweiten und hohe Energiemengen angewiesen. Auch hier könnte grüner Wasserstoff mit einem Schlag viele Probleme lösen.
Beispiele für den praktischen Einsatz von grünem Wasserstoff gibt es bereits. So wird bei der Salzgitter AG in deren Stammwerk in – Überraschung: – Salzgitter schon seit 2017 Wasserstoff zur Stahlverarbeitung eingesetzt. Die Ergebnisse sind ermutigend und es sollen im Laufe des Jahres noch weitere Elektrolyseure, wie man die Anlagen zu Erzeugung von Wasserstoff nennt, installiert werden.
Wasserstoffbetriebene LKW gibt es sogar noch länger. Während Toyota hier als Pionier schon serienreife Fahrzeuge herstellt, stieg mit Hyundai bei der US-amerikanischen LKW Messe „North American Commercial Vehicle Show“ im Jahr 2019 noch ein weiterer Produzent ins Rennen ein.
Und die Luftfahrt? Schon im Jahr 2011 stellte das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt ein mit Wasserstoff betriebenes Flugzeug vor. Das Forschungsflugzeug A320 Atra. Durch eine Brennstoffzelle wird aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischer Strom erzeugt. Reichweiten von 800 km sind mittlerweile problemlos machbar. Langstreckenflüge sind aber aufgrund der im Vergleich zu Kerosin geringeren Energiedicht mit Wasserstoff nicht machbar. Hier ist aber synthetisch erzeugtes Kerosin eine klimaschonende Alternative.
Grüner Wasserstoff – und zwar ausschließlich Grüner Wasserstoff! – stellt also in einigen Bereichen wie dem Fernverkehr oder der Fliegerei eine sinnvolle Ergänzung zu reinen Elektroantrieben dar. Aufgrund des großen Energieverlustes durch die Produktion ist er aber bestenfalls als Ergänzung zum Elektroantrieb beim Individualverkehr zu sehen. Sonst würde einfach zu viel Energie ungenutzt bei der Erzeugung des Wasserstoffs verpuffen.
Anders sieht es in den Bereichen Luftfahrt, Transport und bei der Industrie aus. Hier werden entweder große Reichweiten oder hohe Energiemengen benötigt, die den Einsatz einer Batterie ineffizient machen. Hier bietet grüner Wasserstoff eine echte Alternative!
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[…] bedeutet das nach heutigem Stand der Technik, dass nur noch Elektrofahrzeuge und solche mit Wasserstoffantrieb neu zugelassen werden […]