Nahezu alle Nationalisten leugnen die Klimakrise. Warum ist das so und was haben sie davon, diese wissenschaftlich belegte Tatsache als „Fake News“ oder gar Verschwörungstheorie hinzustellen?
In einer der letzten Ausgaben der ZEIT bin ich über einen wirklich sehr interessanten Artikel zu diesem Thema gestolpert. Der Autor der Känguru-Chroniken hat in dem Artikel „Das Wetter“ (ZEIT Ausgabe vom 13. Februar 2020) im Gespräch mit seinem Känguru eine ganz eigene, schlüssig klingende, Theorie dazu. Doch dazu später mehr. Schauen wir erstmal, was rund um den Globus von Nationalisten zum Thema Klimakrise verbreitet wird.
Beginnen wir geographisch am Nächsten. Bei der AfD in Deutschland. Any news ist good news könnte deren Leitmotiv kurz zusammengefasst werden. Nachdem die Klimakrise die eigentlichen „Themen“ der AfD, nämlich Flüchtlinge und Kriminalität, in den Hintergrund gedrängt hat, sucht die Partei nach neuem, medienwirksamem Schwung. Dabei positioniert sie sich in gewohnter Weise. Also entgegen Wissenschaft, Menschenverstand und Anstand. Mit einer konträren Position zu allem, was im Zusammenhang mit der Klimakrise bekannt ist.
Menschengemacht? Kann nicht sein, das Klima hat sich ja schon immer geändert. Seit Jahren jedes Jahr ein neues Hitzerekordjahr? Alles Fake News, früher was es auch warm. Und übrigens für alle, die es noch nicht wussten: CO2 ist gut fürs pflanzliche Wachstum. DAS stimmt ja sogar, ist in dem Zusammenhang aber trotzdem Blödsinn, weil neben CO2 nun mal auch REGEN, also Wasser recht vorteilhaft für Pflanzen ist. Bleibt der dank der Klimakrise aus, hat sich´s was mit dem schönen Wachstum durch CO2. Auf Beatrix von Storchs berühmte Theorie, dass erhöhte Sonnenaktivität für die Klimakrise verantwortlich sei, möchte ich aufgrund starker Kopfschmerzen, wenn ich darüber nachdenke, nicht weiter eingehen.
Kommen wir zu Großbritannien. Nationalisten leugnen die Klimakrise auch hier. Namentlich die Spalter von UKIP, die ihr Land scheinbar nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch am Boden sehen wollen. Sie gehören zur Gruppe von sieben nationalistischen Parteien in Europa, die den wissenschaftlichen Konsens leugnen, nämlich dass der aktuelle Klimawandel menschengemacht ist.
Ebenso wie die AfD gilt UKIP sogar innerhalb der Gruppe der sieben Klimawandelleugner als extremes Beispiel. Nigel Farage, der Kopf von UKIP, gilt als großer Skeptiker in Bezug auf den Klimawandel. Dabei ist es keineswegs so, dass sich UKIP bloß passiv beim Klimaschutz verhält. Im Gegenteil stimmen sie regelmäßig gegen Maßnahmen zum Klimaschutz, ebenso wie die übrigen nationalistischen Parteien.
Auch in Italien und Polen leugnen die Rechtspopulisten der Lega und PIS den menschengemachten Klimawandel. Die Argumente sind hier wie dort die gleichen wie bei den übrigen nationalistischen Parteien. Maßnahmen für Klimaschutz seien schlecht für die Wirtschaft und brächten sowieso nichts, da die Menschheit keinen Einfluss auf das Klima hat. Dass das dem breiten Konsens von 99,9% Prozent aller Wissenschaftler widerspricht, ist egal.
Eine Ausnahme stellen Victor Orbán und seine Fidesz-Partei in Ungarn dar. So hat sich Orbán sogar eindeutig für das Pariser Klimaabkommen ausgesprochen. Während seine Worte in Bezug auf die globale Herausforderung stark sind, sind seine Taten jedoch eher schwach: im eigenen Land tut Fidesz wenig gegen den Klimawandel.
Bliebe noch „The real Donald“ Trump. Fast alle Nationalisten leugnen die Klimakrise. Warum sollte gerade er eine Ausnahme darstellen? Keine Angst, tut er nicht. Wie bei vielen anderen Themen ist seine Einstellung auch hier im besten Fall haarsträubend. Angesichts eines dramatischen Kälteeinbruchs im Jahr 2017 im Norden der USA wird Trump mit den Worten zitiert: „Vielleicht könnten wir ein bisschen von dieser guten alten Erderwärmung gebrauchen, für die unser Land, aber nicht andere Länder, Billionen an Dollar zahlen sollte, um sich davor zu schützen. Zieht Euch warm an“.
Diesem legendären Tweet, der seinen gegen die Kälte kämpfenden Landleuten ins Gesicht spuckte, ging die Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens voran. Ein einsamer Weg, wie sich zeigte. Doch von Trump war auch nichts anderes zu erwarten. Ließ er doch verlauten, dass er den Klimawandel für eine Erfindung der Chinesen halte, um die amerikanische Wirtschaft einzubremsen. Wer noch mehr über Donald Trumps Einstellung zum Klimawandel lesen möchte, kann dies in meinem verlinkten Post tun.
Aber warum leugnen Nationalisten weltweit die Klimakrise. Geht es nur darum, die Wirtschaft gegen Eingriffe zu schützen? Um es gleich auf den Punkt zu bringen: Nationalisten leugnen die Klimakrise aus einem einzigen Grund, der in ihrem Weltbild sogar Sinn ergibt. Sie erkennen nämlich, dass die Klimakrise, so es sie denn gibt, nur von einer Weltgemeinschaft gelöst werden kann. An den wirklich großen globalen Problemen versagt kleinstaatlicher Nationalismus nämlich. BÄM! So einfach ist das! Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Um sich nicht eingestehen zu müssen, dass der Nationalismus Grenzen hat und an den wirklich großen Problemen versagt, werden diese Probleme einfach geleugnet. Stattdessen schafft man sich eine alternative Realität, in der der Nationalismus Antworten auf alle Fragen bietet. Schon ziemlich pervers, die gesamte Menschheit in Geiselhaft für ein versagendes Weltbild zu nehmen.
Nationalisten leugnen die Klimakrise aus purer Berechnung. Und weil sie nicht in der Lage sind zu akzeptieren, dass es Probleme gibt, die durch ihre Weltanschauung nicht lösbar sind. Es ist verblüffend, wie schlüssig dies ist, wenn man es sich erstmal genau angeschaut hat. Zugrunde liegt dem Ganzen eine in sich geschlossene Logik, die von außen betrachtet allerdings eher nach Hilflosigkeit aussieht.
Wer sich für ernsthafte Lösungen der Klimakrise interessiert kann im verlinkten Artikel gerne mehr zu meinem Vorschlag einer ökologischen Transformation lesen.
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[…] habe Anfang März schon darüber geschrieben, dass und warum Populisten an globalen Problemen scheitern. Niemals hätte ich gedacht, dass keine vier Wochen später schon ein für alle Menschen weltweit […]