Ich habe mich die letzten Wochen mit dem Thema Hydroponik für zuhause beschäftigt und möchte Euch gerne hier die ersten Ergebnisse meines Selbstversuchs zeigen. Zunächst klären wir ein paar Basics bevor wir uns im zweiten Schritt mit der Praxis befassen.
Hydroponik, auch Hydrokultur genannt, ist ein Anbau von Pflanzen ohne die Verwendung von Erde. Die Pflanzen stehen dabei in einem Wasserbecken, das verschiedene Formen und Tiefen haben kann. Meinen ersten Berührungspunkt mit Hydroponik hatte ich in dem – ziemlich genialen! – Buch Sailing for future – Mit Low-Tech und Low-Budget um die Welt von Corentin de Chatelperron. Nachdem mich der Gedanke, ganzjährig und ressourcenschonend eigenes Obst und Gemüse anbauen zu können, ziemlich angefixed hatte, beschloss ich weiter zu recherchieren.
Ich hatte immer angenommen, dass eine Pflanze im Erdreich wachsen muss und es ohne nicht geht. Dem ist aber keineswegs so. Tatsächlich braucht eine Pflanze „nur“ Nährstoffe und Sauerstoff. Der Boden ist lediglich das Medium, das diese für gewöhnlich zur Verfügung stellt. Es geht aber auch ohne. Und deshalb wird bei der Hydroponik das Erdreich auch einfach weggelassen. Die Pflanzen wurzeln direkt im Wasser, aus dem sie die Nährstoffe aufnehmen. Das bringt verschiedene Vorteile aber auch ein paar Nachteile, bzw. Aspekte, die man beim Anbau berücksichtigen muss. Der Anbau ist dabei nicht nur den Profis überlassen. Hydroponik für zuhause stellt sich als echte Alternative/Ergänzung zum eigenen Garten heraus.
Gemeinsam ist allen Arten der Hydroponik, dass sie sowohl draußen als auch Drinnen funktionieren. Letzteres war für mich auch das Argument, was mich sofort fasziniert hat, sehe ich mich doch schon im Dezember frische Tomaten ernten J Aber dazu später mehr. Ein weiterer Riesenvorteil liegt darin, dass man nur 10-30% des Wassers für den Anbau benötigt im Vergleich zum herkömmlichen Anbau im Erdreich. Dünger wird übrigens auch viel weniger benötigt, da er besser dosierbar ist.
Die Hydroponik bietet also Möglichkeiten, in Gegenden, die sonst nicht für den Nahrungsmittelanbau geeignet sind, mit wenigen Ressourcen, Nahrungsmittel anzubauen. Dies ist also nicht nur ein Experiment für mein Wohnzimmer, sondern es handelt sich um eine Möglichkeit, dem Welthunger entgegenzuwirken. Das kann man nicht genug betonen!
Man unterscheidet verschiedene Arten der Hydroponik, mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen. Obwohl der Grundgedanke immer gleich bleibt, gibt es doch unterschiedliche Ansätze, die sich auch für unterschiedliche Gemüse eignen. Ich bin bei der Suche auf Lasse´s tolle Seite zu dem Thema gestoßen, die ich auch als Quelle für meinen kurzen Überblick über die verschiedenen Systeme nutze.
Beim Dochtsystem stehen oder hängen die Töpfe mit den Pflanzen über einer Wanne mit der Nährstofflösung. Von den Wurzeln der Pflanzen aus hängen Dochte in die Nährlösung. Das Prinzip ähnelt dem einer Petroleum-Lampe. Die Flüssigkeit wird durch den Docht nach oben direkt an die Wurzeln der Pflanzen transportiert.
Auch hier hängen die Töpfe mit den Setzlingen über der Nährstofflösung. Allerdings müssen die Pflanzen hier selbst etwas mehr Arbeit investieren J Denn es gibt keinen Docht, der das Wasser nach oben transportiert, sondern die Wurzeln der Pflanzen ragen bis ins Wasser hinunter. Für dieses System habe ich mich auch für meinen Selbst versuch entschieden. Dazu berichte ich weiter unten ausführlich.
Beim Ebbe- und Flutsystem stehen die Pflanzen in einer größeren Menge Granulat. Die Nährlösung wird mit einer Pumpe nach oben ins Pflanzenbecken gepumpt. Von dort läuft das überflüssige Wasser wieder hinab in die Wasserwanne. Das Ganze geschieht zeitgesteuert, so dass nach einem Pumpvorgang das gesamte Wasser wieder nach unten abläuft. Dieses Prinzip ähnelt also dem Gießen im Garten, wo das Wasser ja auch versickert. Nur, dass es hier eben nicht sinnlos versickert, sondern wieder aufgefangen und weiter genutzt wird.
Ein weiteres Hydroponik-System, das allerdings schon etwas schwerer aufzubauen ist, ist das Tropfsystem. Auch hier kommt eine Pumpe zum Einsatz, die das Wasser bzw. die Nährstofflösung über einen Schlauch an die Pflanzen leitet. Da Wasser läuft dabei kontinuierlich wieder zurück.
Beim Nährstoff-Film-Becken hängen die Pflanzen über einem schrägen Becken. Die Wurzeln reichen auf den Grund des Beckens. In dieses wird nun mit einer Pumpe laufend Nährlösung gepumpt.
Noch seltsamer mutet die Aeroponik an. Durch Zerstäubung der Nährstofflösung zu feinem Wassernebel, der die Wurzeln der Pflanzen benetzt, gelangen die Pflanzen hier an die Nährstoffe. Ihr seht, der Phantasie sind nahezu keine Grenzen gesetzt.
Jetzt aber los mit meinem Experiment: Ich wollte meine eigene Hydroponik für zuhause. Ich beschloss, dass ich es gerne mit einer Tiefwasserkultur versuchen wollte. Hier schien es mir möglich, nach einigem Initialaufwand mit wenig laufender Pflege tolle Ergebnisse zu erzielen. Also ab in den Baumarkt und erst mal alle „Zutaten“ besorgt:
Zunächst mal das Wichtigste: Man benötigt einen wasserdichten Behälter. Dieser sollte ausreichend groß sein, um mehrere Pflanzen versorgen zu können. Ich habe mich für eine normale Plastikkiste mit Deckel vom Baumarkt entschieden. Wichtig ist, dass sie lichtundurchlässig ist. So entstehen keine Algen in Eurer Nährstofflösung.
Für die Pflanzen braucht man sogenannte Netztöpfe. Diese haben ein Gittermuster und bieten den Wurzeln die Möglichkeit nach unten in die Nährstofflösung zu wachsen. Das ist unabdingbar, da die Tiefwasserkultur sonst nicht funktioniert. Die Pflanzensamen werden dann entweder in Steinwolle gelegt oder ihr nutzt wie ich die eazy plugs. Diese sind ebenfalls anorganisch und speziell für Hydroponik gemacht. Nachdem der Samen in den eazy plug gelegt wurde, wird dieser mit Blähtonkugeln (ebenfalls aus dem Baumarkt) im Netztopf fixiert.
Jetzt braucht ihr noch einen Fräsaufsatz für die Bohrmaschine, um Löcher für die Töpfe in den Deckel zu fräsen. Achtet beim Kauf darauf, dass der Durchmesser des Fräsaufsatzes kleiner ist, als der Durchmesser des oberen Drittels Eurer Netztöpfe. Dann halten sie von ganz alleine im Deckel, was viel Befestigungsaufwand erspart. Zum Schluss noch etwas Flüssigdünger und Pflanzensamen gekauft und dann seid ihr optimal vorbereitet.
Obwohl es für Tiefwasser-Kulturen nicht zwingend nötig ist, habe ich zudem noch eine Sauerstoff-Pumpe mit in mein Becken integriert. Wie oben schon geschrieben ist Sauerstoff an den Pflanzenwurzeln fast ebenso wichtig, wie Nährstoffe. Deshalb muss man auch im „normalen“ Garten hin und wieder den Boden auflockern. Da ich sowieso noch von meinem alten Aquarium so eine Pumpe herumfliegen hatte, habe ich das als Zeichen gedeutet, dass diese einen neuen Einsatzweck bekommen soll J Vor dem endgültigen Aufstellen in der Wohnung solltet Ihr dann aber auf jeden Fall testen, bis zu welchem Wasserstand Ihr das Becken füllen könnt, ohne dass durch die Pumpe das Wasser ausläuft. Ich empfehle diesen Test in der Badewanne durchzuführen, falls etwas daneben geht. Mit einem Filzstift die richtige Füllmarke kennzeichnen und weiter geht es.
Bevor Ihr die Löcher für die Netztöpfe ausfräst, solltet Ihr Euch eine sinnvolle Verteilung überlegen. Mein Plan war es, Tomaten und Salat anzubauen. Daher habe ich für vier Tomatenpflanzen, die sehr schwer werden können die vier Plätze relativ weit in den Rändern gewählt, da diese mehr Stabilität bieten. In der Mitte ist dann noch Platz für vier Salatpflanzen. Sollte sich das später im Feldversuch als zu viel herausstellen, kann ich immer noch ein oder zwei Töpfe frei lassen.
Danach werden dann die Löcher anhand Eurer Planung ausgefräst und die Töpfe eingesetzt.
Zu guter Letzt such Ihr Euch einen hellen Standort und stellt dort Euer Becken auf. Füllt das Becken bis zur Auffüllmarke mit Wasser und gebt gemäß Anleitung den Flüssigdünger dazu. Da der Sommer bevorsteht habe ich mich zunächst für den Balkon entschieden. Wenn ich Erfahrung gesammelt habe, wird das Hydroponik-Becken aber ins Wohnzimmer wandern. Schließlich möchte ich ja das ganze Jahr über ernten. Ein weiterer Grund für den Aufstellort ist, dass die Nährstofflösung zwar nicht streng aber intensiv riecht. Aber am Thema Dünger bin ich ganz allgemein dran und werde Euch nächste Woche von einer Super-Lösung Marke Eigenbau für dieses Thema berichten. Dass ich Dünger kaufen soll, wenn täglich Abfälle im Biomüll, bzw. Kompost landen kann ich so nicht hinnehmen 😉
Nach ein paar Tagen sieht man dann die ersten Erfolge, wenn die Samen aufgehen. Am Anfang reichen die Wurzeln natürlich noch nicht ins Wasser hinunter. Es ist daher wichtig, diese Zeit zu überbrücken und die Pflanzen mit der Nährstofflösung zu gießen und die eazy plugs feucht zu halten. Das Wasser, was nicht benötigt wird, läuft dann einfach ins Becken durch. So macht gießen Spaß, da alles da ankommt, wo es hin soll. Reichen die Wurzeln einmal bis ins Wasser, braucht man sich im Prinzip nicht mehr um die Pflanzen zu kümmern bis zur Ernte. Die Tomaten müssen natürlich ausgegeizt werden aber alles andere läuft vollautomatisch. Ein kleiner Tipp noch, wenn Ihr eine Sauerstoff-Pumpe benutzt: eine Zeitschaltuhr für die Steckdose, die die Pumpe zweimal täglich für eine halbe Stunde einschaltet, sorgt für eine weitere Automatisierung Eurer Hydroponik für zuhause.
Mit dem Ergebnis meines Experiments, der Hydroponik für zuhause, bin ich sehr zufrieden. Jeden Tag beobachte ich den Fortschritt meiner kleinen Pflänzchen. Wenn ich daran denke, mache ich in ein, zwei Monaten einen Update-Artikel mit den ersten Ergebnissen. Hydroponik für zuhause ist für mich auf jeden Fall eine super Möglichkeit auch in der kalten Jahreszeit frisches Gemüse im Eigenanbau herzustellen. Endlich mal ein Grund, sich auf den Winter zu freuen 🙂
Für meinen ersten „Versuchsaufbau“ musste ich noch auf Fertigdünger aus dem Baumarkt zurückgreifen. Ich würde aber gerne hin zu einer echten, ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft beim Anbau. Nach weiteren Recherchen bin ich dabei auf ein tolles Verfahren gestoßen, das mich wirklich überzeugt hat. Das Pilotprojekt hat seinen Betrieb bereits aufgenommen und nächste Woche erfahrt Ihr, worum es sich handelt. Ein kleiner Tipp, es wird wuselig und riecht nach Wald 🙂
2 Comments
[…] ist eine tolle Möglichkeit, zuhause eigenen Bio-Dünger herzustellen. Wie im letzten Beitrag über Hydroponik zuhause schon angeteasert, werde ich Euch heute zeigen, wie man seine eigene Wurmkiste in Betrieb […]
Hallochen,
und sind die Projekte noch aktiv? Gerne mal ein Update 🙂
Die Sauerstoffpumpe ist immer eine gute Idee, kann (meistens) nicht schaden.