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Der Rat für nachhaltige Entwicklung – Teil 2

16. Jahreskonferenz des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) am 31. Mai 2016 im WECC, Berlin; © Svea Pietschmann, © Rat für Nachhaltige Entwicklung

Heute folgt der versprochene zweite Teil des Artikels zum Rat für nachhaltige Entwicklung. Im ersten Teil habe ich Euch die Aufgaben, den Aufbau und einige Mitglieder des RNE vorgestellt. Heute werde ich den Fokus auf bisherige Projekte des RNE legen und Euch einige ausgewählte Projekte auch im Detail vorstellen.

Große Auswahl

Es gibt viel zu tun – packen wir´s an. Dieser Satz passt auf jeden Fall, wenn man sich die Übersicht über aktuelle und laufende Projekte des Rats für nachhaltige Entwicklung anschaut. Und das ist als großes Kompliment gemeint! Die Liste umfasst Fotoausstellungen, Filmprojekte und Bücher für Jugendliche zum Thema Nachhaltigkeit. Besonders spannend finde ich persönlich den „Deutschen Aktionstag Nachhaltigkeit“. Dieser findet jährlich statt und ermöglicht es kleinen, bürgergetriebenen Projekten sich beim RNE zu „bewerben“ und mit einer Aktion im Kontext nachhaltiger Entwicklung teilzunehmen.

Die Vielfalt der Projekte und die breite Akzeptanz in der teilnehmenden Bevölkerung machen mir wirklich Mut, dass unsere Gesellschaft für Veränderungen bereit ist. Es werden z.B.  Umsonstmärkte abgehalten. Bei dieser Mischung aus Trödelmarkt und Tauschbörse bezahlen die Besucher kein Geld. Das Prinzip lautet: wer selbst etwas abgibt, darf auch etwas mitnehmen. Das heißt man muss sich für den Tausch nicht mit dem Tauschpartner einigen, sondern kann einfach einen nicht mehr benötigten Gegenstand abgegeben und darf sich dafür selbst irgendetwas anderes aussuchen. Durch diese Variante des Trödelmarkts wird sichergestellt, dass die Tauschgüter so lange wie möglich genutzt werden und nicht neu produziert werden müssen oder auf dem Müll landen. Ich persönlich habe mir jedenfalls fest vorgenommen, selbst auch mal den nächsten Umsonstmarkt bei mir in der Gegend zu besuchen. Vielleicht treffen wir uns ja? 🙂

Schmetterling oder lieber Fisch?

Weitere Bürgerprojekte sind beispielsweise Schmetterlingsinseln oder nachhaltiger Fisch direkt vom Kutter. Unter Schmetterlingsinseln versteht man eine Art Refugium für die vom Aussterben bedrohten Arten. Nach Schätzungen  sind das immerhin 75% (!) aller Schmetterlingsarten. Durch das Aussäen von Wildblumensamen kann man in seinem Garten oder auch einfach im Blumenkübel helfen, dass Schmetterlinge und Schmetterlingsraupen Nahrung finden.

Beim nachhaltigen Fisch vom Kutter, einem Projekt auf der Ostsee, wird der Fang noch an Bord des Schiffes per Internet an die Kunden verkauft, die ihn an sieben verschiedenen Orten an der Ostsee frisch abholen können.  Dadurch entfallen Kühlung und Transport. Der Fisch hat eine wesentliche bessere CO²-Bilanz. Auch kann man so die Fischer direkt unterstützen, da die verschiedenen Zwischenhändler, die einen guten Teil des Gewinns einsacken, ebenfalls entfallen. Eine tolle Idee! Leider nur regional möglich. Aber als Tourist im Ostsee-Urlaub kann man sich das durchaus auch mal anschauen…

Mundraub.org

Ein für mich persönlich ebenfalls sehr spannendes Projekt ist die Webseite mundraub.org. Die Idee dahinter ist, wie bei den meisten Apps und Webseiten, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. Nur, dass das Angebot in diesem Fall Streuobstwiesen und wilde Obststräucher  sind, die kostenlos abgeerntet werden dürfen. Dazu wird auf der Seite aber auch ein klares Regelwerk verkündet. Dieses liegt zwar auf der Hand, muss aber trotzdem erwähnt werden: es ist natürlich verboten, die Bäume und Sträucher beim Ernten zu schädigen. Ebenfalls darf aus dem „Gemeinschaftseigentum“ kein Geschäft werden. D.h. es ist nicht erlaubt, Obst im großen Stil umsonst zu ernten und dann zu verkaufen. Daher auch der Titel der Webseite: Mundraub ist im Juristendeutsch ein Bagatelldelikt, der den Diebstahl von Nahrung zur eigenen Ernährung beschreibt. Mittlerweile gibt es diese Bezeichnung gar aber gar nicht mehr.

Der Kern der Webseite ist eine große Deutschlandkarte, in der Ihr in Eure jeweilige Region reinzoomen könnt. Auf der Karte findet Ihr dann Bäume und Sträucher in Eurer Nähe eingezeichnet, die Ihr kostenlos abernten dürft. Das Projekt wird dabei von der Community getrieben. D.h. wenn Ihr selbst solche Bäume und Sträucher kennt, könnt und sollt Ihr sie ebenfalls auf der Karte eintragen. Dabei müsst Ihr natürlich darauf achten, dass es sich auch wirklich um öffentlich zugängliche Pflanzen handelt. Der Kirschbaum in Nachbars Garten ist und bleibt verboten!

Der nachhaltige Warenkorb

Ein weiteres spannendes Projekt ist der sogenannte „Nachhaltige Warenkorb“. Hierbei handelt es sich um eine App, die Ihr sowohl für iPhone als auch für Android-Smartphones im jeweiligen Store kostenlos erhalten könnt. Die App selbst stelle ich Euch ausführlich in einem der kommenden Artikel vor (Stichwort: App des Monats 🙂 ). Hier sei nur so viel gesagt: wer einen Einkaufsführer für nachhaltige Produkte sucht oder Tipps für ein nachhaltiges Verhalten beim Einkaufen, wird bei dieser App sehr gut beraten!

Kritik am Rat für nachhaltige Entwicklung

Nach meinen Recherchen kann ich nicht viel Negatives über den Rat für nachhaltige Entwicklung sagen. Möchte ich eigentlich auch gar nicht. Aber ohne Kritik kann man sich auch nicht verbessern, also werde ich doch zwei Punkte ansprechen, die mich stören.

Zum einen ist die Außendarstellung des RNE ziemlich schwach! Hier fände ich es empfehlenswert, das Thema noch offensiver in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Mir persönlich war der Rat für nachhaltige Entwicklung vorher nicht bekannt. Und ich beschäftige mich mit dem Thema. Ich glaube nicht, dass jemand, der das nicht tut, jemals etwas von diesem Gremium hören wird. Das ist viel verschenktes Potenzial, denn die Bürgerprojekte zeigen, dass die Menschen offen sind für nachhaltiges Handeln. Etwas mehr Werbung in eigener Sache wäre also angebracht. Nach dem Motto „Tu Gutes und rede darüber!“

Ebenfalls möchte ich die Transparenz der Hintergründe einiger Ratsmitglieder kritisieren. Obwohl ich noch Mal betone, dass die meisten Mitglieder eine „blütenweiße Weste“ haben, habe ich Euch im letzten Artikel auch zwei Beispiele gezeigt, bei denen man zumindest noch Mal genauer hinschauen sollte.

Auch wenn ich weiß, dass jeder von uns Fehler macht und gemacht hat, ist die Erwartungshaltung an die Mitglieder eines solchen Gremiums natürlich noch höher als an uns „Normalsterbliche“. Das muss man nicht fair finden, es ist aber so. Es wäre zumindest sehr schade, wenn der Ruf des Rats für nachhaltige Entwicklung wegen der Vergangenheit eines seiner Mitglieder beschädigt würde. Eine offene Kommunikation über vergangene Tätigkeiten würde hier schon viel bewirken, weil ein vermeintliches „Vertuschen“ so von vorneherein ausgeschlossen werden kann. Wenn ich so etwas schon herausfinden kann, können es andere, die dem Thema weniger wohlwollend gegenüberstehen sicher auch. Diese Angriffsfläche kann man meiner Meinung nach vermeiden.

Fazit zum Rat für nachhaltige Entwicklung

Grundsätzlich möchte ich aber keinem Mitglied des Rates für nachhaltige Entwicklung unterstellen, vom Werdegang her nicht für Nachhaltigkeit zu stehen. Nur finde ich, dass es durchaus legitim ist zu hinterfragen, ob denn der bisherige Lebenslauf und die aktuelle Tätigkeit zum geforderten Profil passen. Ich möchte Euch aber auch auffordern, Euch selbst ein Bild zu machen und auch meine Aussagen kritisch zu hinterfragen. Immer wenn Euch jemand sagt, was Ihr denken sollt, solltet Ihr dessen Motivation hinterfragen. Das ist eine grundsätzlich wichtige Erkenntnis! Deshalb gebe ich Euch auch die ganzen Links zu meinen Quellen, damit Ihr diese nutzen oder – noch besser – eigene Quellen hinzuziehen könnt.

Der Rat für nachhaltige Entwicklung steht auf jeden Fall für sehr spannende Projekte. Allein beim Lesen der Berichte darüber hat mich ein „packen-wir´s-an-Gefühl“ gepackt. Es ist sehr motivierend zu sehen, wie viele Menschen sich in ihrer Freizeit für Nachhaltigkeit einsetzen. Ich habe Euch hier aus Platzgründen nur einige Ausgewählte vorstellen können. Macht Euch selbst ein Bild und schaut mal auf die Seite des Rats für nachhaltige Entwicklung. Vielleicht findet Ihr dort sogar Projekte in Eurer näheren Umgebung, die Ihr unterstützen möchtet. Oder Ihr sucht selbst Unterstützung für Euer eigenes Projekt. Bewerbt Euch beim RNE und mit ein wenig Glück im Auswahlprozess erhaltet Ihr nicht nur eine Plattform für Eure Anliegen, sondern auch öffentliche Fördermittel.

Und noch eine kleine Bitte, da der RNE sich wie oben beschrieben ja etwas schwer tut mit Werbung in eigener Sache: sprecht auch in Eurem Freundes- und Bekanntenkreis über die Projekte, die vom Rat für nachhaltige Entwicklung gefördert werden. Etwas Mundpropaganda kann in diesem Fall nicht schaden! 🙂

Bis dahin,

genießt das Leben!

Hier noch ein Link*, falls Ihr auch eine Schmetterlingsinsel anlegen wollt:

2 Comments

  1. Bernhard Faust sagt:

    Das Große Wort NACHHALTIGKEIT sollte als Unwort der letzten Jahre bezeichnet werden..
    Was ist daran nachhaltig wenn ich einen Baum absäge und den auch noch durch den Ofen jage? Anstatt den Baum abzusägen, wäre es für die Umweltbilanz doch besser lieber noch einen dazu zu pflanzen. Wieviel CO 2 hätte dieser Baum aufnehmen können ?
    Das gleiche kann man mit den schönen verlogenen Wort Biogas weiter fortsetzen.
    .

    • andreas sagt:

      Hallo Bernhard,
      danke für Deinen Kommentar! „Nachhaltigkeit“ darf natürlich kein Feigenblatt für ein „weiter so wie bisher“ sein. Es kommt vielmehr darauf an, sich persönlich einzuschränken und nicht mehr zu konsumieren/verpesten als die Natur wiederherstellen kann. Nachhaltigkeit bedeutet eben mehr, als nur Wege zu finden, den bisherigen Lebensstil ohne Einschränkungen weiter zu führen. Lies Dir dazu gerne auch meinen Artikel „Nachhaltigkeit – just another buzzword?“ durch. Darin gehe ich genau darauf ein.
      Viele Grüße,
      Andreas

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